“Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott. Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk und es gnade euch Gott.” Carl Theodor Körner
Thursday, 6 October 2011
Tageskommentar von Michael Winkler
Jean-Claude Trebuchet, der scheidende Chef der Europäischen Zentralbank, hat sein letztes Geschoß gegen die Esperanto-Währung abgefeuert: Banken können sich ab sofort bei der EZB Geld in unbegrenzter Menge zu mäßigen Zinsen "langfristig" leihen. Die Anführungszeichen habe ich deshalb gesetzt, weil für Privatpersonen eine langfristige Anlage mindestens zehn Jahre bedeutet. Im Interbankenhandel geht es in der Regel um Wochen, die EZB bietet Geld für ein volles Jahr und bei Bedarf sogar noch länger, also deren spezielle Form von langfristig. Außerdem kauft die EZB für 40 Milliarden Euro Staatsanleihen auf. Mit anderen Worten: der scheidende Franzose wirft die Gelddrucker so richtig an, damit der kommende Italiener Mario Draghi da weitermachen kann, wo er aufgehört hat: beim Zerstören der Gemeinschaftswährung Europas, beim Ausplündern der kleinen Leute und der Steuerzahler.
Mr. Apple, Steve Jobs, ist tot. Die qualitätsfreien Medien betrauern ihn als einen großen Visionär, bezeichnen ihn sogar als Erfinder. Eines war er bestimmt: ein Verkaufsgenie. Kein Mensch braucht wirklich ein iPod oder ein iPhone, einem iPad kann ich einen gewissen Nutzen zugestehen, der tolle iMac ist hingegen ein quietschbunt aufgebügeltes Objekt aus der Computer-Mottenkiste. Das alles wird zu ausbeuterischen Bedingungen in China produziert, von Arbeitern, die vor lauter Druck scharenweise in den Selbstmord getrieben wurden. Billigst produzieren, teuer verkaufen und dabei Gewinne wie im Drogenhandel einfahren - an den Visionen eines Steve Jobs klebt Blut. Die schönen Geschichten von Angestellten, die nach einer Fahrt mit dem Boß im Aufzug ihren Arbeitsplatz verloren haben ("Was machst du bei uns? Brauchen wir das wirklich? Ich denke, wir können darauf verzichten!"), tun ein übriges, daß meine Trauer um Herrn Jobs nicht allzu groß ist.
Feige ist er also auch noch, der Herr Rösler. Weder er als Parteivorsitzender noch Generalsekretär Christian Lindner haben sich getraut, die Unterschriftenlisten ihres Parteifreundes Frank Schäffler entgegenzunehmen, dafür wurde Geschäftsführerin Gabriele Renatus vorgeschickt. Der Herr Vizekanzler und Wirtschaftsminister hat schließlich zu tun: nach Griechenland fliegen und den Hellenen beim Streiken zuschauen. Das ist noch öder als damals Gabriels Ausflug zu den Eisbären, denn sonst wäre "Mutti" mitgekommen. Offiziell führt der große FDP-Aushilfsvorsitzende eine Wirtschaftsdelegation, die Investitionsmöglichkeiten in Griechenland erkunden will. Wobei ich mit dem Gedanken, Geld nach Griechenland zu schicken, meine Probleme habe. Vielleicht hätte jemand dem humorigen Herrn Rösler erklären sollen, daß die Wirtschaft Geld nur dorthin schickt, wo es sich vermehrt, nicht dorthin, wo es verschwindet.
In der Charité werden 20 alte Schädel entdeckt und als Überreste von Hereros und Nama an Namibia übergeben. Und schon geht eine ausgiebige Diskussion darüber los, daß dies Relikte aus dem ersten Genozid des 20. Jahrhunderts seien. Diesen ehrenvollen Titel haben zwar eher die Engländer in ihrem Burenkrieg verdient, aber das genügt nicht dem Selbsthaß des offiziellen Deutschlands. Jetzt wird davon gesprochen, daß auch "Beutekunst" zurückgefordert werden könnte. Was mit Beutekunst passiert, erleben wir regelmäßig, wenn jüdische Familien das hochgeschätzte Erbe ihrer Vorväter zurückbekommen: die Kunstwerke werden schnellstens versteigert, denn nicht die Kunst, sondern schnödes Mammon wird geschätzt. Die europäische Kolonialgeschichte ist angefüllt mit Gewalt und Raub, doch nur dieser eine Aufstand wird immer und immer wieder durch die deutschen Medien gezogen. Und natürlich immer nur aus einer einzigen Schmalspur-Perspektive. Ach, sagen wir einfach, der Fischer ist schuld, das ist etwas, was "Joschka" wirklich kann: schuldig sein.
Jetzt wackeln wieder große Banken und Europas Steuerzahler sollen die Institute retten. Warum eigentlich? Banken haben in den letzten Jahren nicht nur prächtig verdient, sondern auch gigantische Erfolgsprämien an ihr Führungspersonal ausgeschüttet. Spitzengehalt für Spitzenleistungen, wurde das begründet. Jetzt stellt sich einmal öfter heraus, daß da nur Nieten in Nadelstreifen am Ruder gewesen waren. Das schöne Argument, daß "wir" es uns nicht leisten können, große Banken untergehen zu lassen, schließt keineswegs ein, daß die führenden Nullen erhalten werden müssen. Einziehung des Vermögens, Pfändung von Altersbezügen, Zwangsarbeit bis hin zur Verleihung des Dankesordens - Versagen sollte ebenso entschieden bestraft werden, wie angebliche Erfolge belohnt wurden. Ob Monsterbanken, die Macht über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ausüben, wirklich unentbehrlich sind, wage ich zu bezweifeln. Banken sollen der Wirtschaft dienen, nicht sie beherrschen. Unter diesen Bedingungen begrüße ich den Zusammenbruch der Banken: die Krise muß unbedingt ihre Verursacher treffen. Und das sind eindeutig die Banken. Weg mit den Dinosauriern, Bahn frei für den nächsten Schritt in der Evolution!
Quelle: http://www.michaelwinkler.de/Kommentar.html
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